Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, …
(Lutherbibel, 1.Mose 1,26)
Nach den Worten des Alten Testaments hat Gott gesprochen: „Lasset Uns Menschen machen nach Unserm Bild und Gleichnis.“ Sie sagen uns, dass der Mensch ein Abbild und Gleichnis Gottes ist, das heißt, dass die Vollkommenheit Gottes, die Göttlichen Tugenden, sich in der Wirklichkeit des Menschen widerspiegeln oder offenbart sind. So, wie ein blanker Spiegel das Licht und den Glanz der auftretenden Sonne voll und ganz widerstrahlt, so werden auch die Eigenschaften Gottes aus der Tiefe reiner Menschenherzen heraus gespiegelt. Damit wird bezeugt, dass der Mensch das edelste unter den Geschöpfen Gottes ist.
»Hüte Dich, die Du das innerste Wesen der Reinheit bist, dass Du Dich nicht Deines Kleides strahlender Herrlichkeit entäußerst. Nein, schmücke Dich im Reiche der Schöpfung mehr und mehr mit den unzerstörbaren Gewändern Deines Gottes, damit sich durch Dich das berückende Abbild des Allmächtigen in allem Erschaffenen spiegele und sich die Gnade Deines Herrn in der Fülle ihrer Macht über die ganze Schöpfung ergieße.«
(Bahá’u’lláh, Ährenlese aus den Schriften Bahá’u’lláhs, 129, 9)
Der Mensch ist der Mikrokosmos (die Welt im Kleinen) und das unendliche All der Makrokosmos (die dem menschlichen Organismus entsprechende große Welt). Die Verborgenheiten der größeren Welt oder des Makrokosmos finden ihren Ausdruck oder ihre Offenbarung in der kleineren Welt, dem Mikrokosmos. Der Baum ist gleichsam die größere und der Same in seinem Verhältnis zum Baum die kleinere Welt, aber der große Baum als Ganzes ist in dem kleinen Samenkorn als ruhende Möglichkeit verborgen. Wenn wir den Samen in den Boden legen und pflegen, so wird der Baum sich offenbaren. So schlummert auch die größere Welt, der Makrokosmos, verkleinert in der mikrokosmischen kleineren Welt des Menschen. Hieraus ergibt sich der umfassende Charakter, die Vollkommenheit der im Mensch ruhenden Möglichkeiten. Darum heißt es, dass Gott den Menschen nach seinem Ebenbild und Gleichnis schuf.
Der Imám ‘Alí – Cousin, Adoptiv- und Schwiegersohn des Propheten Muhammad – sagte einst:
»Wähnst du dich nur eine schwächliche Form, wo in dir doch das Weltall im Kleinen verborgen ruht?«
(Bahá’u’lláh, Die sieben Täler, Tal des Staunens)
Die Lehren der Bahá’í besagen, dass der Mensch geschaffen wurde, um Gott zu kennen und zu lieben. Aus diesem Grund ist jeder Mensch mit einer unsterblichen Seele ausgestattet. Das bedeutet, dass der Zweck dieser physischen Existenz sich auf eine Haupttätigkeit konzentriert - das Erwerben göttlicher Eigenschaften, die uns auf das kommende ewige Leben vorbereiten.
»Alle diese heiligen Worte zeigen uns, dass der Mensch nach Gottes Ebenbild erschaffen ist, und doch ist das Wesen Gottes für den menschlichen Geist unfassbar, denn das endliche Begreifen lässt sich nicht auf das unendliche Geheimnis übertragen. Gott begreift alles in Sich, Er Selbst kann nicht begriffen werden. Das Umfassende ist größer als das Umfasste. Das Ganze ist größer als seine Teile.«
(‘Abdu’l-Bahás, Ansprachen in Paris, 5, 5)
Dass sich die Eigenschaften Gottes im Menschen vollständig widerspiegeln, entspricht der biblischen Lehre, dass wir nach Gottes geistigem Abbild geschaffen sind. In „Die verborgenen Worte“ bringt Bahá’u’lláh dieses Konzept zum Ausdruck, indem er als Stimme Gottes spricht:
»Verhüllt in Meinem unvordenklichen Sein und in der Urewigkeit Meines Wesens, wusste Ich um Meine Liebe zu dir. Darum erschuf Ich dich, prägte dir Mein Ebenbild ein und offenbarte dir Meine Schönheit.«
(Bahá’u’lláh, Verborgene Worte, Aus dem Arabischen, 3)
Es ist klar, dass wir unter diesem Ebenbild und Gleichnis nicht die menschliche Form oder Gestalt verstehen dürfen, denn die Wirklichkeit des Göttlichen ist auf keine Form nach Aussehen irgendwelcher Art beschränkt. Gemeint sind vielmehr die Kennzeichen und Eigenschaften Gottes. Gleichwie wir Gott als den Gerechten ansprechen, muss auch der Mensch gerecht sein. Wie Gott zu allen Menschen liebevoll und gütig ist, muss auch der Mensch der ganzen Menschheit gegenüber liebevolle Güte äußern. Wie Gott getreu und wahrhaft ist, so muss auch der Mensch die gleichen Eigenschaften in der Menschenwelt erzeigen, und wie sich Gott über die ganze Welt erbarmt, so muss sich auch der Mensch als Offenbarung der Barmherzigkeit erweisen. Mit einem Wort: das „Bild und Gleichnis Gottes“ stellt die Tugenden Gottes dar, und der Mensch ist dazu ausersehen, den Glanz dieser Göttlichen Eigenschaften zu empfangen. Dies ist klar der Urgrund aller Göttlichen Religionen, die Wirklichkeit an sich, die allen gemein ist.
»Den Wesensgrund aller göttlichen Religionen aber, der auf die Tugenden der Menschenwelt gerichtet ist und ihrer Wohlfahrt zugrunde liegt, findet man in den Lehren Bahá’u’lláhs in der vollkommensten Darstellung.«
(‘Abdu’l-Bahá, Briefe und Botschaften, 227, 26)
Die höchste Entwicklung des Menschen liegt im Eintritt in das Gottesreich und die Frucht von seinem Dasein ist der Keim und Geist des ewigen Lebens. Darum sollte er, solange er noch im physischen Leben steht, den Grund zum geistigen Leben legen und im Verein mit körperlichem Wohlbehagen und Glück die Göttliche Freude und Zufriedenheit genießen, denn dann erst wird er „nach Gottes Bild und Gleichnis“ sein, ist doch das Bild des Barmherzigen durch die Eigenschaften des Himmelreichs gegeben.
Die Ehre des Menschen liegt in der Erkenntnis Gottes, seine Glückseligkeit entspringt der Liebe Gottes, seine Freude sind Gottes frohe Botschaften, und seine Größe hängt von seinem Dienst in Gott ab.
»Lasst euch vom Beispiel ‘Abdu’l-Bahás leiten – wie Er Sein Leben in täglicher Aufopferung für die Sache der Einheit der Menschheit lebte, wie Er mit selbstloser Liebe alle Menschen umarmte, die Seinen Weg kreuzten, wie Er in jeder Seele das Ebenbild eines liebenden Gottes sah. So sollt auch ihr alle eure Landsleute sehen. In diesem „erleuchteten Zeitalter“, sagte Er, wird die „Einheit der Welt der Menschheit“ bestätigt. „Jede Seele, die dieser Einheit dient, wird zweifelsohne unterstützt und bestätigt.“ Wir hegen die Hoffnung, dass ihr in eurem Bemühen, Lebenspartner zu finden, allen Einflüssen, die der ethnischen Zugehörigkeit Vorrang einräumen, widersteht, dass ihr Häuser baut, in denen jede Seele willkommen ist, und dass ihr Kinder aufzieht, die zu Verfechtern der Einheit werden. Wir sind überzeugt, dass ihr im Leben eurer Nation als Wohltäter aller, als Diener aller und als Einiger aller erstrahlen werdet. Lasst eure Taten das nächste Kapitel der Geschichte eures Landes schreiben, ein Kapitel, das frei von Vorurteilen und Konflikten ist. So werden eure Völker, jedes wie ein kraftvoller Fluss, zu einem mächtigen Strom zusammenfließen, dessen wogende Wasser sich in den Ozean einer einzigen Menschheitsfamilie ergießen werden.«
(Botschaft des Universalen Hauses der Gerechtigkeit vom 1. November 2022)
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