Flüchtlingshelfer: Wie können wir Gefährten im Exil sein?

Die Wellen der Flüchtlinge und unsere Einstellung dazu

Spüren Sie die Wellen - die Wellen der Flüchtlinge, die die Strände und Grenzen der Welt überfluten? Jeden Tag bewegen sie unser Herz, erfüllt von der Sehnsucht nach Sicherheit, nach Heimat. Unser Gehirn kann die große Anzahl der Vertriebenen in der Welt nicht berechnen: über 100 Millionen und mehr sind wegen Konflikten, Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen laut den Vereinten Nationen weltweit auf der Flucht.

Wir können uns oft diese Leiden der Flüchtlinge gar nicht vorstellen. In unserem eigenen Leben sind bestimmt viele schon mehrmals umgezogen, sei es wegen der Arbeit, wegen dem Partner usw. Dadurch wissen wir, wie schwer es ist, neue Wurzeln zu schlagen und eine neue Gemeinschaft aufzubauen, immer und immer wieder. Aber wir sind noch nie zur Rettung unseres Lebens oder für das unsrer Kinder geflüchtet, haben keine Wüsten durchquert, Flüsse durchwatet, das Wasser in einem wackligen Floß überquert, einen Bombenhagel über unserem Haus erfahren, tage-, sogar wochenlanges Ausharren in Kellern erlebt, sind vor Gewalt, Vorurteilen, Armut und Krieg geflohen.

»Im fünften Kapitel Matthäi, Vers 43, rät Er: "Ihr habt gehört, dass gesagt ist: ›Lieben sollst du deinen Nächsten, und deinen Feind sollst du nicht mit Feindschaft quälen.‹ Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde, tut wohl denen, die euch hassen, und betet für jene, die euch beleidigen und verfolgen, auf dass ihr die Kinder eures Vaters im Himmel seid; denn Er lässt Seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und sendet den Regen seiner Gnade hernieder auf Gerechte und Ungerechte."«

(‘Abdu’l-Bahá, 'Das Geheimnis göttlicher Kultur')

Heute können wir in Deutschland schon viele Flüchtlinge treffen. Durch ihre Geschichte können sie uns das Verständnis für diese Millionen von Flüchtlingen näherbringen und sie zu einem Teil von uns zu machen. Warum ist Mitgefühl hier wichtig? - Wir können uns doch sogar an unsre Eltern oder Großeltern erinnern: sie haben Flucht und Krieg erlebt. Nun die Frage an uns: Wie können wir diesen Menschen das Leben etwas erleichtern? Hat nicht jeder von uns die Fähigkeit, Menschen in Not Zuflucht zu gewähren. Die Lehren der Bahá'í fordern uns auf, denen Zuflucht zu gewähren, die sie benötigen.

Bahá’u’lláh, zitiert im Buch 'Anspruch und Verkündigung', in einem Schreiben an Königin Viktoria, vor etwa 160 Jahren, hierzu:

»Sollte jemand bei euch Zuflucht suchen, so gewährt sie ihm, und verratet ihn nicht.«

Wir sind nicht machtlos bei der Herstellung von Gerechtigkeit. Wir sind alle mit der Fähigkeit zum Frieden erfüllt. Wir lesen von Geschichten, vor allem von Müttern welche alles geopfert haben um das Kriegsgebiet zu verlassen und die Freiheit zu suchen. Sie tun es vor allem für ihre Kinder. Sie riskieren alles dafür.

Vielleicht können wir bei einer Begegnung die Menschen nach ihrer Geschichte fragen. Es tut bestimmt gut, Anderen zuzuhören, sie wissen zu lassen, dass sie nicht allein sind. - Und dass es Hoffnung, vielleicht sogar Glück gibt, welches auf sie wartet.

Wie aber ist es mit den Bahá'í im Iran und Afghanistan?

So gab es auch viele Bahá'í, welche aus dem Iran oder Afghanistan wegen ihrer religiösen Anschauung ins Exil flüchten mussten, auch haben viele bei uns in Thüringen oder Deutschland eine neue Heimat gefunden.

»O Du göttliche Vorsehung, wir sind erbärmlich, gewähre uns Deinen Beistand; wir sind heimatlose Wanderer, gib uns Deinen Schutz; auseinandergerissen sind wir, vereinige Du uns; wir sind vom rechten Wege abgeirrt, führe uns zu Deiner Herde; beraubt sind wir, gewähre uns einen Anteil; wir dürsten, führe uns zum Urquell des Lebens; schwach sind wir, mache uns stark, damit wir uns erheben, Deiner Sache zu helfen…«

(‘Abdu’l-Bahá, 'Briefe und Botschaften')

Als Bahá'í-Gemeinde, der größten nicht-muslimischen Religion im Iran, sind Bahá'í heute noch einer ständigen Bedrohung ausgesetzt. Sie werden wegen ihrer Weltanschauung festgenommen, Bahá'í-Geschäfte werden aufgrund erfundener Anschuldigungen geschlossen, Friedhöfe zerstört, Universitätsstudenten werden nach wie vor schikaniert und von der Hochschulbildung ausgeschlossen. Bahá'í-Bürger aller Altersgruppen werden weiterhin misshandelt, verhaftet und inhaftiert - das sind alles Gründe für diese Menschen um aus ihrem Land zu fliehen.

»Ich bitte Dich flehentlich, o mein Herr, vertreibe die nicht, die Dich suchen, weise jene nicht ab, die ihre Schritte Dir zuwenden, und entziehe Deine Gnade nicht all denen, die Dich lieben. Du bist Er, der sich Gott des Erbarmens nennt, der Mitleidigste. So erbarme Dich denn Deiner Magd, die bei Dir Zuflucht sucht und Dir ihr Angesicht zuwendet.«

(Bahá’u’lláh, 'Gebete und Meditationen')

Doch während die offizielle Politik der Ausgrenzung und Schikanierung der Bahá'í anhält, ist die Situation in der iranischen Bevölkerung eine andere: Die öffentliche Meinung beginnt sich zu ändern, da immer mehr Menschen den Bahá'ís begegnen und erkennen, dass sie - entgegen der Propaganda - freundliche, hart arbeitende und hingebungsvolle Bürger sind, von denen sich viele - trotz erheblicher Gefahr - dafür entscheiden, im Iran zu bleiben. Wenn sie gehen, verbringen sie ihr Leben damit, die bereits über 2.500 Jahre alte iranische Kultur in anderen Teilen der Welt bekannt zu machen.

»O Freunde Gottes, wenn ihr auf Gottes Wort vertraut und stark seid, wenn ihr die Gebote Bahá’u’lláhs befolgt, durch die euch geheißen wird, die Kranken zu betreuen, die Gefallenen aufzurichten, für die Armen und Bedürftigen zu sorgen, die Hilflosen zu beschützen, die Unterdrückten zu beschirmen, die Bekümmerten zu trösten und die Menschenwelt von Herzen gern zu haben, dann, sage ich euch, wird diese Versammlungsstätte bald eine wunderbare Ernte sehen.«

(‘Abdu’l-Bahás, 'Ansprachen in Paris')

Ist die interreligiöse Bewegung Heimat für verschiedenartige Gläubige?

Die Kraft der interreligiösen Freundschaft ist ein Anliegen, das jeden von uns ansprechen sollte. Niemand sollte als "unrein" angesehen werden, weil er einen anderen Glauben hat als wir. Es ist offensichtlich, dass sich die verschiedenen Religionsgemeinschaften darum bemühen, den Geist der Freundlichkeit und Brüderlichkeit untereinander zu erreichen. In Thüringen ist die Interreligiöse Bewegung recht aktiv - siehe dazu die Homepage des: überregionalen Interreligiösen Gesprächskreises „Religionen in Thüringen“.

»Dass die Menschheit sich der geistigen Dimension des Wandels in der Welt bewusst wird, hat für Bahá’í eine besondere Bedeutung. Der interreligiöse Dialog hat sich intensiviert.«

(Botschaften des Universalen Hauses der Gerechtigkeit, Ridván 2000)

Manche der Flüchtlinge gehen bestimmt einmal wieder, wenn jenes Land dafür bereit ist, zurück in ihre Heimat; einige werden hier oder dort bleiben, einige beantragen die Staatsbürgerschaft und werden aktiv wirkende Mitbürger unseres Landes, arbeiten für dessen Wohl und praktizieren offen ihren Glauben. Sie dienen oft als Brücke zwischen der alten und neuen Heimat, um für sich und Andere Wohlbefinden zu schaffen.

Wie kann jeder persönlich ein Flüchtlingshelfer sein?

Manche können eine der benötigten Sprachen und helfen bei den verschiedensten Situationen. Andere nehmen ein Übersetzungsprogramm auf dem Smartphone und überwinden Sprachbarrieren. Manchmal ist auch nur ein gutes Wort, ein Tipp und etwas Verständnis für einander schon hilfreich. Manche machen zusammen Sport und helfen so ein wenig Abwechslung in das Leben zu bringen. Es gibt so viele Möglichkeiten anderen zu helfen - es wird, wenn wir keine zu großen Ansprüche stellen, immer eine Win-win-Situation.

»Sei eine Heimat dem Fremdling, ein Balsam dem Leidenden, dem Flüchtling ein starker Turm. Sei dem Blinden Auge und ein Licht der Rechtleitung für den Fuß des Irrenden. Sei ein Schmuck für das Antlitz der Wahrheit, eine Krone für die Stirn der Treue, ein Pfeiler für den Tempel der Redlichkeit, der Lebenshauch dem Körper der Menschheit, ein Banner für die Heerscharen der Gerechtigkeit, ein Himmelslicht am Horizont der Tugend, Tau für den Urgrund des Menschenherzens, eine Arche auf dem Meer der Erkenntnis, eine Sonne am Himmel der Gnade, ein Stein im Diadem der Weisheit, ein strahlendes Licht am Firmament deiner Zeitgenossen, eine Frucht am Baume der Demut.«

(Bahá’u’lláh, 'Brief an den Sohn des Wolfes')

Können wir im Team mit Freunden erfolgreicher helfen?

Wie ist es, wenn wir gemeinsam, im Team, versuchen den Flüchtlingen zu helfen? Gemeinsam haben wir mehr Kraft, mehr Ideen, können mehr Wege finden. Vieles kann durch erfolgreiche Zusammenarbeit erreicht werden, der Ansatz der Arbeit in Teams ermöglicht zusammen zu dienen, einander gegenseitige Unterstützung zu bieten und Vertrauen aufzubauen.

»Diese Herausforderung weckt den Erfindergeist, die Anpassungsfähigkeit und den Zusammenhalt der vielen Gemeinden, aus denen sich die Bahá’í-Welt zusammensetzt. Unterschiedliche Gemeinden werden natürlich unterschiedliche Wege gehen und ähnlich gelagerte Probleme auf unterschiedliche Weise lösen. Einige können außerhalb ihrer Gemeinden Unterstützung anbieten, während andere notwendigerweise zunächst Unterstützung von außen brauchen. Aber alle, ungeachtet der Umstände und der Mittel, haben die Fähigkeit, in irgendeiner Weise zu handeln. Alle können geben und nehmen, alle können sich an dem gemeinsamen Unternehmen beteiligen, die Prinzipien des Glaubens systematischer anzuwenden, um die Lebensqualität zu heben. Der Schlüssel zum Erfolg ist Einheit im Denken und Handeln.«

(Universales Haus der Gerechtigkeit, 20. Oktober 1983)

Was uns nach dem Sturm erwartet: "unvorstellbar herrliche spätere Folgen"!

Vielleicht dauert es etwas, bis wir die Veränderung sehen können? Alles geht in kleinen Schritten und jedermann ist gefragt; nur zusammen können wir die Welt verbessern. Durch diese Flüchtlingsbewegungen vermischt sich die Menschheit, wir haben die Chancen immer mehr eins zu werden, Liebe und Verständnis für einander zu schaffen.

»Ein Sturm von beispielloser Heftigkeit und unberechenbarer Bahn, von verheerenden Wirkungen, aber unvorstellbar herrlichen späteren Folgen fegt heute über das Antlitz der Erde. Seine Gewalt wächst unbarmherzig an Raum und Ausmaß. Seine säubernde Kraft, die zwar meist übersehen wird, nimmt mit jedem Tage zu. Ein Spielball seiner verheerenden Macht, wird die Menschheit bei den Ausbrüchen seines unwiderstehlichen Wütens zu Boden geschmettert. Sie kann weder seine Herkunft erkennen noch sein Ausmaß begreifen oder seine Folgen abschätzen. Zu Tode verstört und ohnmächtig muss sie zusehen, wie dieser gewaltige Sturm Gottes über die fernsten und schönsten Länder der Erde hereinbricht, ihre Grundfesten erschüttert, ihr Gleichgewicht zerstört, ihre Völker spaltet, die Heime ihrer Bewohner vernichtet, ihre Städte verwüstet, ihre Könige verstößt, ihre Bollwerke niederreißt, ihre Ordnungen zerschmettert, ihr Licht verdüstert und die Seelen ihrer Bewohner quält.«

(Shoghi Effendi, ‘Der verheißene Tag ist gekommen’, aus einem Brief von Shoghi Effendi an die Bahá'í des Westens, datiert vom 28. März 1941)

 

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