Wie können wir heute von unseren frühen Helden lernen?

Wie können wir heute von unseren frühen Helden lernen, ein heroischer Bahá'í zu sein?

Wir können uns dabei ertappen, wie wir denken, dass unsere bescheidenen Unternehmungen im Dienste an der Menschheit und des Bahá'í-Glaubens verblassen im Vergleich zu dem, was sie erdulden mussten, um die Botschaft Bahá'u'lláhs für die Einheit der Menschheit und den Weg zum Größten Weltfrieden unter den Menschen zu verbreiten.

Das Universale Haus der Gerechtigkeit zitierte ‘Abdu’l-Bahá in seiner Botschaft vom 28. Dezember 2010:

»…Ihr müsst in dieser Angelegenheit – nämlich dem Dienst an der Menschheit – sogar euer Leben niederlegen und, während ihr euch aufopfert, frohlocken.«

Aber was bedeutet es, sein Leben zu opfern? Ist dies einer von vielen metaphorischen Hinweisen in den Bahá'í-Schriften zu der Aufgabe, wie wir unser eigenes Leben betrachten sollen - uns zu fragen, wie es symbolisch aussieht, wenn wir unser Leben für die Überzeugungen aufgeben, welche uns am Herzen liegen? Und wie kann ich das freudig tun?

Im Oktober 2019 schrieb das Universale Haus der Gerechtigkeit:

»Die Scharen, die den Báb anerkannten, wurden zum Heldentum aufgerufen, und ihre großartige Antwort ist in die Geschichte eingegangen. Möge jeder, der sich bewusst ist über den Zustand der Welt, und über die anhaltenden Übel, die das Leben seiner Bewohner entstellen, Bahá'u'lláhs Aufruf zu selbstlosem und standhaftem Dienst – dem Heldentum der heutigen Zeit – beherzigen. Was sonst wird die Welt retten, außer den Anstrengungen zahlloser Seelen, von denen eine jede das Wohlergehen der Menschheit zu ihrem wichtigsten, zu ihrem alles beherrschenden Anliegen macht?«

Dieser spezielle Abschnitt kann unser Herz mit Freude erfüllen, weil er einige Fragen klärt, welche wir bezüglich der Rechtmäßigkeit des Opfers haben. Das Haus der Gerechtigkeit stellt klar fest, dass, wenn wir das Wohlergehen der Menschheit zu unserem Hauptanliegen machen, wenn wir unser Leben um den Dienst an der Menschheit anordnen, dann demonstrieren wir dieselben Qualitäten der Selbstlosigkeit, Liebe und Opferbereitschaft wie die ersten Gläubigen.

Aber wie machen wir den Dienst zum Dreh- und Angelpunkt, um den sich unser Leben bewegt? Wir haben das Glück, dass uns nicht nur die Schriften der zentralen Figuren unseres Glaubens als Richtschnur dienen, sondern dass uns das oberste Gremium bei jedem Schritt des Weges einen Orientierungsrahmen vorgibt und uns ermutigt, unseren individuellen Platz innerhalb dieses Rahmens zu finden. Sei es durch das Unterrichten von Kinderklassen, die Befähigung von Jugendlichen, die Initiierung von Andachtsräumen, das Lehren des Bahá'í-Glaubens in unseren Nachbarschaften oder die Durchführung von Aktivitäten, die die Verbindung und den Aufbau von Gemeinschaft fördern (sei es virtuell oder persönlich). Wir sollten sicher sein, dass jeder von uns eine wichtige Rolle bei der Förderung der Sache spielen darf.

Aber es wird nicht einfach sein. In seiner Botschaft vom 29. Dezember 2015 sprach das Universale Haus der Gerechtigkeit über diese Aufgabe, über die Stärkung des Handlungsmusters, und sagte:

»Wir setzen der Bahá'í-Welt dieses Ziel in dem Bewusstsein, dass es wirklich gewaltig ist, dass eine Herkulesarbeit erforderlich sein wird und dass viele Opfer erbracht werden müssen. Aber angesichts der Bedrängnis einer Welt, die jeden Tag mehr leidet, da sie Bahá'u'lláhs Elixiers beraubt ist, können wir nicht guten Gewissens von Seinen ergebenen Anhängern weniger verlangen. So Gott will, werden ihre Anstrengungen sich als würdig erweisen, hundert Jahre mühevoller Arbeit zu krönen und die Bedingungen zu schaffen für noch ungeahnte Errungenschaften, die das zweite Jahrhundert des Gestaltenden Zeitalters schmücken müssen.«

Das erste Zitat des Universalen Hauses der Gerechtigkeit bezog sich zwar auf "Heldentum für die Gegenwart", aber ist nicht jede Phase in der Geschichte unseres Glaubens von unterschiedlichen Erfordernissen geprägt. Können wir also glauben, dass Hinweise darauf, sein Leben zu opfern, heute eine metaphorische Bedeutung enthalten, so haben viele frühe Bahá'í ihr Leben buchstäblich für die Überzeugungen aufgegeben, die ihnen lieb und teuer waren, wie:

»…die grundlegende Einheit aller Religionen; Verurteilung aller Vorurteile in Bezug auf Religion, Rasse, Gesellschaftsschicht oder Nation; der Einklang von Religion und Wissenschaft; die Gleichstellung von Mann und Frau, den beiden Flügeln, mit denen sich der Vogel der Menschheit aufschwingen kann; die Einführung der Schulpflicht; die Annahme einer Welthilfssprache; die Beseitigung der Extreme von Reichtum und Armut; die Einrichtung eines Weltgerichtshofs zur Schlichtung von Konflikten zwischen Staaten; die Erhebung von Arbeit, die im Geist des Dienstes geleistet wird, in den Rang des Gottesdienstes; die Verherrlichung der Gerechtigkeit als herrschendes Prinzip in der menschlichen Gesellschaft und der Religion als Bollwerk für den Schutz aller Völker und Nationen; die Schaffung eines dauernden und universellen Friedens als vorrangiges Ziel der ganzen Menschheit…«

(Shoghi Effendi, 'Gott Geht Vorüber')

Überzeugungen die als unannehmbar radikal angesehen wurden, hinsichtlich derer wir aber schon einiges in den letzten hundert Jahren erreicht haben.

Es gibt viele Berichte darüber, dass sich jene frühen Gläubigen in einem Zustand äußerster Freude befanden, ungeachtet der körperlichen Schmerzen oder seelischen Qualen, die ihre Feinde ihnen zufügten. Eine solche Geschichte ist das Martyrium von Hají Sulaymán Khán, einem der Anhänger des Báb, der darum bat, dass ihm neun Kerzen tief in sein nacktes Fleisch gestoßen werden, während er durch die Straßen von Teheran vorgeführt wurde. Im fröhlichen Marsch auf seinen Tod zu gab er Freuden- und Liebesrufe von sich, während er tanzte und sprang bei dem Gedanken an eine baldige Wiedervereinigung mit seinem Geliebten. Ein Auszug aus dem Buch 'Nabíls Bericht aus den frühen Tagen der Bahá'í-Offenbarung', einer Geschichte der frühen Bahá'í, wie sie von Áqáy-i-Kalím überliefert wird, zeichnet ein Bild dieses phänomenalen Moments in der Geschichte der Bahá'í:

»Ich vermag die Freudenrufe nicht wiederzugeben, die seinen Lippen entflohen, je näher er seinem Ende zuging. Woran ich mich erinnere, sind nur wenige erschütternde Worte, die er in Augenblicken höchsten Entzückens den Umstehenden zurief. Mir fehlen die Worte, um den Ausdruck seines Angesichts zu beschreiben oder die Wirkung, die seine Worte auf die Menge machten.«

»Es war noch im Basar, als ein Windstoß die auf seiner Brust brennenden Kerzen zum Aufflackern brachte. Sie schmolzen rasch und ihre Flammen erreichten die Ränder der Wunden, in die sie gesteckt waren. Wir, wenige Schritte hinter ihm gehend, konnten deutlich das Fleisch zischen hören. Der Anblick seines blut- und feuerbedeckten Leibes schien eher seine unstillbare Begeisterung zu steigern, als dass er ihm die Stimme verschlagen hätte. Man hörte, wie er da die Flammen anredete, die sich in seine Wunden fraßen: Ihr Flammen habt euren Stachel längst verloren, ihr habt keine Macht mehr, mich zu quälen. Macht rasch, denn ich höre aus euren Feuerzungen die Stimme, die mich zu meinem Geliebten ruft!" Qual und Leiden schienen zerschmolzen in dieser heißen Begeisterung.«

Mit Figuren wie Hají Sulaymán Khán als Inspirationsquelle und bewaffnet mit dem Wissen um den aktuellen Plan können wir glauben, dass jede Wendung im absoluten Vertrauen auf Gott erfolgt, dass wir unsere irdischen Bindungen ablegen und tatsächlich unser materielles Leben als Helden von heute ablegen können.

Wenn wir auf die bisherigen Errungenschaften zurückschauen, können wir all die heldenhaften Taten erahnen, welche zu dieser großen und weiten Verbreitung der Bahá'í-Sache beigetragen haben.

Das Universale Haus der Gerechtigkeit veröffentlichte 2005 die Schrift, 'Ein gemeinsamer Glaube', welche tief greifende Einblicke darüber gibt, wie die Religion den Fortschritt der Gesellschaft beeinflusst:

»Daher war es für die Sendung Bahá'u'lláhs von zentraler Bedeutung, eine weltweite Gemeinschaft zu gründen, die die Einheit der Menschheit widerspiegeln würde. Das nachdrücklichste Zeugnis, das die Bahá'í-Gemeinde zur Rechtfertigung Seiner Sendung vorführen kann, ist das Beispiel der Einheit, die Seine Lehre bewirkt hat. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist das Bahá’ítum ein Phänomen, das sich mit nichts vergleichen lässt, was die Welt bislang gesehen hat. Nach Jahrzehnten der Anstrengung, in denen Wellen des Wachstums sich abwechselten mit langen Phasen der Festigung, oft überschattet von Rückschlägen, umfasst die Bahá'í-Gemeinde heute etliche Millionen Menschen, die nahezu jede ethnische, kulturelle, soziale und religiöse Herkunft repräsentieren. Was sie gemeinsam betrifft regeln sie ohne die Intervention eines Klerus, alleine durch demokratisch gewählte Institutionen. Die vielen tausend Orte, an denen sie Wurzeln geschlagen haben, sind in jedem Land, Territorium und jeder bedeutenden Inselgruppe zu finden, von der Arktis bis zur Tierra del Fuego, von Afrika bis zum Pazifik. Kaum jemand, der mit den Fakten vertraut ist, wird bezweifeln, dass diese Gemeinschaft schon heute die facettenreichste und geografisch am weitesten verbreitete von allen ähnlich organisierten Institutionen von Menschen auf diesem Planeten ist.«

»Dies verlangt nach einer Erklärung. Nichts von den üblichen Erklärungsmustern, wie etwa Reichtum, Unterstützung durch mächtige politische Interessen, der Rückgriff auf verdeckte oder offensive Bekehrungsprogrammen, die mit der Furcht vor göttlichem Zorn arbeiten, haben die geringste Rolle bei diesen Ereignissen gespielt. Die Anhänger des Glaubens an Bahá'u'lláh verstehen sich als Mitglieder einer einzigen Menschheitsfamilie. Diese Identität bildet den Sinn ihres Lebens und ist keineswegs Ausdruck eines Anspruchs auf moralische Überlegenheit. „O Volk Bahás! Dass es keinen gibt, mit euch in Wettstreit zu treten, ist ein Zeichen der Barmherzigkeit.“ Ein unvoreingenommener Beobachter wird nicht umhin können, zumindest die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, dass dieses Phänomen auf das Wirken von Einflüssen zurückzuführen ist, die sich ihrer Natur nach völlig von dem unterscheiden, was üblicherweise geschieht – Einflüsse, die man nur als geistig bezeichnen kann – und die geeignet sind, Menschen jedweder Herkunft zu Verständnis und außerordentlicher Opferbereitschaft zu befähigen.«

Zur Geistigen Krise der deutschen Bahá'í-Gemeinde schrieb das Universale Haus der Gerechtigkeit am 18. Oktober 1972:

»Die deutsche Bahá'í-Gemeinde sieht sich vor einer geistigen Krise, welche die zukünftige Entwicklung des Glaubens in Ihrem Lande beeinflusst. Im Namen des geliebten Meisters, dessen Gegenwart für immer Ihr Land gesegnet hat, rufen wir alle Mitglieder der Gemeinde auf, die Opfer der frühen Gläubigen einzulösen und die Liebe und zuversichtlichen Voraussagen über die zukünftige Herrlichkeit, die durch den geliebten Hüter gemacht wurden, zu rechtfertigen. Wir flehen inbrünstig an der Heiligen Schwelle, dass die herzlich geliebten deutschen Gläubigen sich erheben und unverzüglich auf die Zielstädte und neuen Zentren verteilen mögen, dass sie einen überwältigenden Sieg im Neunjahresplan erringen und die Bahá'í-Welt in Staunen setzen durch ihre dramatische und leidenschaftliche Verteidigung vergangener Leistungen und durch die Fähigkeit, ihre durch das Zeichen Gottes auf Erden vorausgeschaute Bestimmung zu erreichen. Wir vertrauen darauf, dass Sie nicht versagen werden.«

 

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