Der Bahá'í-Glaube ist eine Weltreligion, die auf den Lehren Bahá'u'lláhs basiert. Er lehrte, dass es nur einen Gott und eine Menschheitsfamilie gibt und dass die großen Weltreligionen eine aufeinander folgende Stufe in der spirituellen Entwicklung der menschlichen Gesellschaft darstellen.
Das Universale Haus der Gerechtigkeit schrieb:
»Die Bahá'í-Religion ist die Offenbarung Bahá'u'lláhs: Seine eigenen Worte, ausgelegt von ‘Abdu’l-Bahá und dem Hüter (Shoghi Effendi). Sie ist eine Offenbarung von solch überwältigender Größe, dass in diesem frühen Stadium der Bahá'í-Geschichte kein Bahá'í mit Recht beanspruchen kann, mehr als nur ein bruchstückhaftes, unvollkommenes Verständnis davon zu haben. Dementsprechend würden Bahá'í-Historiker die Überwindung unrichtiger Vorstellungen, die in der Frühzeit in der Bahá'í-Gemeinde oder in Teilen der Bahá'í-Gemeinde im Umlauf waren, nicht als »Entwicklung des Bahá'í-Glaubens« ansehen - wie es ein Nicht-Bahá'í-Geschichtsforscher wohl tun würde - , sondern als Wachstum des Verständnisses dieser Gemeinde von der Bahá'í-Offenbarung.«
»Der Bahá'í-Glaube ist eine Weltreligion, die ihres Anspruchs und mithin auch der öffentlichen Anerkennung würdig ist.«
Bahá'ís erkennen das Kommen von Bahá'u'lláh als den jüngsten Ausdruck von Gottes Führung an, der den Weg für die Herstellung von Einheit, Frieden und Versöhnung ebnet, wenn, wie in den heiligen Schriften der Vergangenheit erwartet, die ganze Menschheit ihre spirituelle und soziale Reife erlangen und in Harmonie und in Übereinstimmung mit der Gerechtigkeit leben wird. Die mehr als sechs Millionen Bahá'í auf der ganzen Welt lernen, wie man Bahá'u'lláhs Lehren in neue Muster des individuellen und gemeinschaftlichen Lebens übersetzt. Obwohl sie aus unterschiedlichen ethnischen, kulturellen und religiösen Hintergründen kommen, verbindet sie der Glaube an die essentielle spirituelle Natur unserer Existenz und ihr Wunsch nach einer gerechten und friedlichen Zukunft für alle Völker.
»Wenn wir die wachsende Dunkelheit in der heutigen Welt sehen«, schrieb der Sekretär des Hüters auf dessen Geheiß, »können wir klar erkennen, dass kein Friede und geistiger Fortschritt in der Zukunft sein können, sofern nicht die Botschaft Bahá'u'lláhs die Herzen der Menschen erreicht und sie verwandelt.«
Der Bahá'í-Glaube hält die Einheit Gottes aufrecht, erkennt die Einheit Seiner Propheten an und vermittelt das Prinzip der Einheit und Ganzheit der gesamten Menschheit. Er sieht und bietet die Lösungsmöglichkeiten der Probleme der heutigen Menschheit. Er proklamiert die Notwendigkeit und die Unvermeidbarkeit der Vereinigung der Menschheit, versichert, dass sie sich allmählich nähert, und erklärt, dass nichts Geringeres als der verwandelnde Geist Gottes, welcher an diesem Tag durch sein auserwähltes Sprachrohr (Bahá'u'lláh) wirkt, sie letztendlich erfolgreich herbeiführen kann. Darüber hinaus schreibt er seinen Anhängern die vorrangige Pflicht zur selbständigen Suche nach Wahrheit vor, verurteilt jede Art von Vorurteilen und Aberglauben, erklärt den Zweck der Religion als Förderung von Freundschaft und Eintracht, verkündet ihre wesentliche Harmonie mit der Wissenschaft und erkennt sie als das wichtigste Mittel zur Befriedung und zum geordneten Fortschritt der menschlichen Gesellschaft an. Sie hält unmissverständlich am Grundsatz der Chancengleichheit und der Gleichberechtigung von Mann und Frau fest, besteht auf der Schulpflicht, beseitigt die Extreme von Armut und Reichtum, schafft die Institution des Priestertums ab, verbietet Sklaverei, Askese, Bettelei und Mönchtum, schreibt die Monogamie vor, rät von Scheidungen ab, betont die Notwendigkeit des strikten Gehorsams gegenüber der eigenen Regierung, erhebt jede Arbeit, die im Geist des Dienstes geleistet wird, auf die Ebene von Gottesdienst, mahnt die Notwendigkeit der Schaffung oder der Auswahl einer internationalen Hilfssprache an und umreißt die Umrisse jener Institutionen, die den allgemeinen Frieden der Menschheit herstellen und aufrechterhalten müssen. Bahá'u'lláh schrieb im Buch 'Ährenlese':
»Die Zeit muss kommen, da die gebieterische Notwendigkeit für die Abhaltung einer ausgedehnten, allumfassenden Versammlung der Menschen weltweit erkannt wird. Die Herrscher und Könige der Erde müssen ihr unbedingt beiwohnen, an ihren Beratungen teilnehmen und solche Mittel und Wege erörtern, die den Grund zum Größten Weltfrieden unter den Menschen legen. Ein solcher Friede erfordert es, dass die Großmächte sich um der Ruhe der Völker der Erde willen zu völliger Aussöhnung untereinander entschließen.«
Der Bahá'í-Glaube dreht sich um drei zentrale Figuren, von denen die erste ein junger Mann, gebürtig in Schíráz, mit dem Namen Mírzá 'Alí Muhammad - bekannt als der Báb (Tor) - war, der im Mai 1844, im Alter von fünfundzwanzig Jahren, den Anspruch erhob, der Herold zu sein, der nach den heiligen Schriften früherer Offenbarungen den Weg für das Kommen des Einen, der größer sei als Er selbst und dessen Mission darin bestehen würde, eine Ära der Gerechtigkeit und des Friedens einzuleiten, eine Ära, die als Vollendung aller früheren Zeitalter gefeiert werden und einen neuen Zyklus in der Religionsgeschichte der Menschheit einleiten würde. Die von den organisierten Kräften der Kirche und des Staates in Seinem Heimatland eingeleitete rasche und schwere Verfolgung beschleunigte nacheinander Seine Verhaftung, Sein Exil in die Berge von Ádhirbáyján, Seine Inhaftierung in den Festungen von Máh-Kú und Chihríq und Seine Hinrichtung im Juli 1850 von einem Erschießungskommando auf dem öffentlichen Platz von Tabríz.
In einem Kommentar zu Bahá'u'lláhs Heiligstem Buch 'Kitáb-i-Aqdas' - in dessen Einführung - finden wir folgende Aussage:
»Nach Shoghi Effendis Auffassung sollte man besonderes Gewicht darauf legen, dass die Bahá’í-Offenbarung eine Einheit darstellt, die auch den Glauben des Báb einschließt … Die Religion des Báb sollte nicht von der Bahá’u’lláhs getrennt werden. Zwar wurde das Gesetz des Bayán durch das Gesetz des Aqdas aufgehoben und ersetzt, doch sollten wir angesichts der Tatsache, dass der Báb sich selbst als Vorläufer Bahá’u’lláhs verstand, beide Sendungen als Einheit betrachten: die vorausgehende Offenbarung war der Auftakt für die nachfolgende.«
»Der Báb sagt, Seine Gesetze seien vorläufig und der Annahme durch die kommende Manifestation bedürftig. Dies ist der Grund, warum Bahá’u’lláh im Buch Aqdas einige Gesetze übernommen, andere abgeändert und viele aufgehoben hat.«
Mírzá Husayn'Alí, mit Ehrennamen Bahá'u'lláh (die Herrlichkeit Gottes), gebürtig in Teheran, dessen Ankunft der Báb vorhergesagt hatte, dann in seiner Geburtsstadt inhaftiert, wurde 1852 aus Seinem Heimatland nach Bagdád und von dort nach Konstantinopel und Adrianopel und schließlich in die Gefängnisstadt Akká verbannt, wo Er nicht weniger als vierundzwanzig Jahre inhaftiert blieb und in deren Nachbarschaft er 1892 verstarb. Im Laufe Seiner Verbannung, insbesondere in Adrianopel und Akká, formulierte Er die Gesetze und Verordnungen Seiner Sendung, erläuterte in über hundert Bänden die Prinzipien Seines Glaubens, verkündete Seine Botschaft an die Könige und Herrscher des Ostens und Westens, sowohl christliche als auch muslimische, wandte sich an den Papst, den Kalifen des Islam, die Präsidenten der Republiken des amerikanischen Kontinents, den gesamten christlichen Klerus, die Führer des Shí'ih- und Sunní-Islam und die Hohepriester der zoroastrischen Religion. In diesen Schriften verkündete Er seine Offenbarung, rief diejenigen, an die Er sich wandte, dazu auf, Seinem Ruf zu folgen und sich für Seinen Glauben einzusetzen, warnte sie vor den Folgen ihrer Verweigerung und prangerte in einigen Fällen ihre Arroganz und Tyrannei an.
Zu den wichtigsten Aussagen im majestätischen Aufruf Bahá’u’lláhs an die Könige und Herrscher der Welt schrieb Shoghi Effendi:
»Die Vielfalt und Weite der behandelten Themen, die zwingende Kraft der Argumentation, die Erhabenheit und Kühnheit der Sprache fesseln unsere Aufmerksamkeit und erstaunen unseren Geist. Kaiser, Könige und Fürsten, Kanzler und Minister, der Papst, Priester, Mönche und Philosophen, die Vertreter der Wissenschaft, Parlamentarier und Abgeordnete, die Reichen auf Erden, die Anhänger aller Religionen und das Volk von Bahá – sie alle sind in den Wirkungsbereich des Urhebers dieser Botschaften einbezogen und erhalten, nach Wert und Verdienst, die Ratschläge und Ermahnungen, die ihnen gebühren. Nicht minder erstaunlich ist die Vielfalt der Themen, die in diesen Tafeln berührt werden. Die alles überragende Majestät und Einheit eines nicht erkennbaren, unnahbaren Gottes wird herausgestellt, die Einheit Seiner Gesandten nachdrücklich verkündet. Die Einzigartigkeit, die Universalität und das Potential des Bahá’í-Glaubens werden hervorgehoben, Zweck und Wesen der Bábí-Offenbarung dargelegt.«
Sein ältester Sohn, 'Abbás Effendi, bekannt als 'Abdu'l-Bahá (der Diener Bahás), der von Ihm zu Seinem rechtmäßigen Nachfolger und zum autorisierten Ausleger Seiner Lehren ernannt wurde, der seit seiner frühen Kindheit eng mit seinem Vater verbunden war und Sein Exil und Seine Drangsale teilte, blieb bis 1908 in Gefangenschaft, als er infolge der Jungtürken-Revolution aus seiner Gefangenschaft entlassen wurde. Nachdem er seinen Wohnsitz in Haifa eingerichtet hatte, machte er sich bald danach auf seine dreijährige Reise nach Ägypten, Europa und Nordamerika, auf der er vor einem großen Publikum die Lehren seines Vaters erläuterte und das Herannahen der Katastrophe voraussagte, die bald über die Menschheit hereinbrechen sollte. Am Vorabend des Ersten Weltkrieges, in dessen Verlauf er einer ständigen Gefahr ausgesetzt war, kehrte er in seine Heimat zurück - bis zur Befreiung Palästinas durch die Truppen unter dem Kommando von General Allenby, der ihm und der kleinen Schar seiner Mitexilanten in Akká und Haifa die größte Aufmerksamkeit schenkte.
Das Hinscheiden von 'Abdu'l-Bahá [1921] markierte das Ende des ersten und heroischen Zeitalters des Bahá'í-Glaubens und signalisierte die Eröffnung des Gestaltenden-Zeitalters, welches dazu bestimmt war, das allmähliche Entstehen der Verwaltungsordnung zu erleben, deren Einrichtung vom Báb vorhergesagt worden war, deren Gesetze von Bahá'u'lláh offenbart wurden, deren Umrisse von 'Abdu'l-Bahá in seinem Testament umrissen wurden, welche Shoghi Effendi mit größtem Eifer verbreitete und deren Grundlagen nun von den nationalen und lokalen Geistigen Räten gelegt werden, welche von den bekennenden Glaubensanhängern gewählt werden.
Diese Verwaltungsordnung ist im Gegensatz zu den Systemen, die sich nach dem Tod der Gründer der verschiedenen Religionen entwickelt haben, göttlichen Ursprungs, beruht sicher auf den Gesetzen, Geboten, Verordnungen und Institutionen, die der Gründer des Glaubens selbst spezifisch festgelegt und eindeutig bestimmt hat, und funktioniert in strikter Übereinstimmung mit den Auslegungen der autorisierten Ausleger ihrer heiligen Schriften. Wir lesen im Buch 'Ährenlese aus den Schriften Bahá’u’lláhs':
»Die Welt ist aus dem Gleichgewicht geraten durch die Schwungkraft dieser größten, dieser neuen Weltordnung. Die Lebensordnung der Menschheit ist aufgewühlt durch das Wirken dieses einzigartigen, dieses wundersamen Systems, desgleichen kein sterbliches Auge je gesehen hat.«
Der Glaube, dem diese Ordnung dient, die er schützt und fördert, ist, wie in diesem Zusammenhang zu bemerken ist, im Wesentlichen übernatürlich, supranational, unparteiisch und steht jeder Politik oder Denkweise diametral entgegen, die darauf abzielt, eine bestimmte Rasse, Klasse oder Nation zu verherrlichen. Sie ist frei von jeder Form von Kirchentum, hat weder Priestertum noch Rituale und wird ausschließlich durch freiwillige Beiträge ihrer erklärten Anhänger unterstützt. Obwohl die Anhänger des Bahá'í-Glaubens ihren jeweiligen Regierungen gegenüber loyal sind, obwohl sie von der Liebe zu ihrem eigenen Land durchdrungen sind und stets bestrebt sind, dessen beste Interessen zu fördern, werden sie, welche die Menschheit als eine Einheit betrachten und ihren lebenswichtigen Interessen zutiefst verbunden sind, nicht zögern, jedes besondere Interesse, sei es auch persönlich, regional oder national, den übergeordneten Interessen der gesamten Menschheit unterzuordnen - wohl wissend, dass in einer Welt voneinander abhängiger Völker und Nationen der Vorteil der Teilgruppe am besten durch den Vorteil des Ganzen erreicht werden kann und dass von keinem der Bestandteile ein dauerhaftes Ergebnis erzielt werden kann, wenn die allgemeinen Interessen der Einheit selbst vernachlässigt werden.
Die folgende Zusammenfassung richtet das Augenmerk auf die gesellschaftlichen Verhältnisse, für deren verheerenden Zustand Bahá’u’lláh im Buch 'Anspruch und Verkündigung' vor allem die Eliten verantwortlich machte:
»Bewegende, wundersame Begebenheiten zu verschiedenen Zeiten Seines Wirkens werden geschildert. Die Vergänglichkeit von weltlichem Pomp, von Ruhm, Reichtum und irdischer Herrschaft wird wiederholt und klar vor Augen geführt. Kraftvoll und eindringlich wird dazu aufgefordert, sich sowohl im persönlichen Verhalten als auch in internationalen Beziehungen von erhabenen Grundsätzen leiten zu lassen. Entehrende, dem Glück und Wachstum, der Wohlfahrt und Einheit der Menschheit schädliche Gewohnheiten und Gebräuche sollen aufgegeben werden. Könige werden getadelt, kirchliche Würdenträger angeklagt, Minister und Gesandte verdammt. Wiederholt verkündet Er, dass sich das ›Kommen des Vaters‹ (von dem Jesaja sprach) mit Seinem Kommen erfüllte. Der gewaltsame Sturz einiger Könige und Kaiser wird geweissagt, zwei von ihnen stehen besonders in der Kritik, die meisten werden gewarnt, alle angerufen und ermahnt.«
So lebensnotwendig ist diese Aufgabe der Bahá'í, dass Bahá'u'lláh im Buch 'Ährenlese' schrieb:
»O Freunde! Vernachlässigt die Tugenden nicht, die euch verliehen wurden, noch versäumt eure hohe Bestimmung. Lasst eure Mühe nicht an den leeren Einbildungen scheitern, die manche Herzen ersonnen haben. Ihr seid die Sterne am Himmel des Verstehens, der frische Wind, der bei Tagesanbruch weht, das ruhig fließende Wasser, von dem das wahre Leben aller Menschen abhängt, die Buchstaben auf Seiner heiligen Schriftrolle. Bemüht euch in inniger Eintracht und im Geiste vollkommener Verbundenheit, dass ihr fähig werdet, das zu vollbringen, was diesem Tage Gottes gemäß ist.«
In der Schrift 'Ein gemeinsamer Glaube' lesen wir Weiteres zur Aufgabe der Bahá’í:
»Wenn die Bahá’í Bahá’u’lláhs Auftrag erfüllen wollen, ist es für sie entscheidend, zu verstehen, dass die parallel laufenden Bemühungen, die Verbesserung der Gesellschaft zu fördern und den Bahá’í-Glauben zu lehren, keine konkurrierenden Themen sind. Viel eher sind sie Teile eines zusammenhängenden globalen Programms, die sich gegenseitig befruchten.«
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