Seit Jahrhunderten ist das Heilige Land als heilig für Judentum, Christentum und Islam anerkannt. Moses und Jesus stifteten dort ihre Religionen, und weil Mohammed eines Nachts von hier aus auf seinem Flügelpferd Burak zu Allah geritten sei, ist es auch die drittheiligste Stadt des Islams.
Aber wie wurde dieses Land an den Ufern des Mittelmeers mit dem Bahá'í-Glauben in Verbindung gebracht, einer Religion, die in Persien, mehr als 1500 Kilometer entfernt, vorbereitet wurde?
Shoghi Effendi, das Oberhaupt des Bahá'í-Glaubens von 1921-1957, erklärte, dass dies das Ergebnis von aufeinanderfolgenden Verbannungen seines Stifters, war. In seinem Exil in der türkischen Strafkolonie von Akká sollte Er den Rest Seines irdischen Lebens - noch 24 Jahre - in Akká und Umgebung verbringen, was in seinem anschließenden Tod und Begräbnis in seiner Nähe im Landhaus von Bahji endete.
Der Gründer war Bahá'u'lláh ("die Herrlichkeit Gottes", 1817-1892), der 1852 in Teheran seine geistliche Offenbarung erhielt und kurz darauf vom Schah nach Bagdad verbannt wurde, das damals Teil des Osmanischen Reiches war.
Die Bemühungen der persischen Behörden, welche von Geistlichen vorangetrieben wurde, den für die Bevölkerung attraktiven, modernen Glauben so weit wie möglich zu entfernen, führten dazu, dass Er in die heutige Türkei verbannt wurde.
Nach der Zeit in Konstantinopel (jetzt Istanbul) und Adrianopel (jetzt Edirne) wurde er mit seiner Familie und einigen Anhängern in eine osmanische Strafkolonie, die heutige israelisch-palästinensische Stadt Akká, verbannt.
Kurz bevor Er 1868 in dieser Gefängnisstadt ankam, verbrachte Bahá'u'lláh einige Stunden in der Bucht von Haifa, wo Er 23 Jahre später auf eine Stelle an der steilen Nordwand des Berges Karmel den Platz angeben würde, wo die letzte Ruhestätte seines prophetischen Vorläufers, des Bab (1819-1850), errichtet werden sollte.
Und durch Seinen 'Sendbrief vom Karmel', welchen Er auf dem Berg Karmel aussprach, errichtete Er den Ort des zukünftigen Verwaltungszentrums Seiner Religion, etwas südöstlich von und angrenzend an das Gelände des Heiligtums des Bab.
1892 verstarb Bahá'u'lláh in seinem Landhaus in der Nähe von Akká und wurde dort beigesetzt. Sein Heiligtum wurde so für die Bahá'í zum heiligsten Ort der Welt.
Obwohl das spirituelle und administrative Zentrum des Bahá'í-Glaubens in dieser Weise festgelegt wurde, war der politische Status des Landes, auf dem es sich befand, für Jahrzehnte von Unruhen bestimmt.
Das Osmanische Reich brach zusammen und kaum ein Jahrzehnt später wurde das Heilige Land durch das Kriegsglück zum Mandat unter der Kontrolle der Briten.
Während all dieser Veränderungen hielten sich die Bahá'í an die kardinale Lehre ihres Glaubens – um eine Einheit zu schaffen, die auf dem Prinzip der Einheit der Menschheit beruht. Sie hielten an ihren Gesetzen fest, dass die Mitglieder die Gesetze des Landes befolgen müssen und sich nicht an parteipolitischer Politik beteiligen dürfen.
Zwei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ging das britische Mandat zu Ende und die neu gegründeten Vereinten Nationen ernannten einen Sonderausschuss für Palästina, um die Zukunft des Landes zu untersuchen.
Auf eine Anfrage des Vorsitzenden des Komitees bezüglich des religiösen Interesses der Bahá'í reagierte Shoghi Effendi in einem Brief an den Palästina-Sonderausschuss der Vereinten Nationen, in dem einige einzigartige Merkmale der Position des Glaubens im Heiligen Land festgestellt wurden.
Im Buch 'Die unschätzbare Perle' über das Leben und Werk Shoghi Effendis, zitierte Rúhíyyih Rabbani, die Witwe Shoghi Effendis, diesen Brief:
»Denn es ist die Erde Palästinas«, schrieb er: »in der die drei Zentralgestalten unserer Religion beigesetzt sind«, Bezug nehmend auf Bahá'u'lláh, den Báb, und auf Bahá'u'lláhs ältesten Sohn, ‘Abdu’l-Bahá.
Er sagte, das Heilige Land »ist nicht nur der Mittelpunkt der Bahá'í-Pilgerreisen aus der ganzen Welt, sondern auch der ständige Sitz unserer administrativen Ordnung, deren Oberhaupt zu sein ich die Ehre habe.«
Shoghi Effendi sprach in diesem Brief dann das umstrittene Thema des zukünftigen politischen Status' des Heiligen Landes an:
»Der Bahá'í-Glaube ist völlig unpolitisch, und wir ergreifen weder Partei in der jetzigen tragischen Auseinandersetzung, die sich über die Zukunft des Heiligen Landes und seiner Menschen abspielt, noch haben wir eine Erklärung abzugeben oder einen Rat zu erteilen, wie die politische Zukunft dieses Landes sein sollte.«
Weiterhin schrieb Shoghi Effendi:
»Unser Ziel ist die Errichtung eines universalen Friedens in der Welt und unser Streben ist zu sehen, dass Gerechtigkeit auf jedem Gebiet der menschlichen Gesellschaft, einschließlich dem Gebiet der Politik, herrsche.«
»Da viele der Anhänger unseres Glaubens jüdischer oder muslimischer Herkunft sind, haben wir keine Vorurteile gegenüber diesen beiden Gruppen und sind äußerst bestrebt, sie zu ihrem eigenen gemeinsamen Nutzen und zum Wohl des Landes miteinander zu versöhnen.«
Shoghi Effendi sagte, was die Bahá'í betreffe, sei, dass: »wer auch immer die Herrschaft über Haifa und Akká ausübt, die Tatsache anerkennt, dass innerhalb dieses Gebietes das geistige und administrative Zentrum eines Weltglaubens besteht.«
Shoghi Effendi wollte nur, dass die zukünftige Regierung die Unabhängigkeit des Glaubens, sein Recht, seine internationalen Angelegenheiten von diesem Gebiet aus zu verwalten, und das Recht der Bahá'í aus jedem Land, sie als Pilger zu besuchen, anerkennt und dauerhaft schütze.
In ihrer Biographie Shoghi Effendis beschrieb seine Frau Rúhíyyih Rabbani, was geschehen war, kurz nachdem Shoghi Effendi diesen Brief gesendet hatte - im Vorspiel des Bürgerkriegs von 1948, der zur Gründung Israels führte:
»Man darf nicht vergessen, dass die einzige orientalische Persönlichkeit von Rang, die nicht vor dem Unabhängigkeitskrieg aus Palästina geflohen war, Shoghi Effendi gewesen ist. Diese Tatsache blieb auf die Behörden des neuen Staates [Israel] nicht ohne Eindruck.«, schrieb sie:
»Eine ihrer ersten Handlungen während der noch andauerten Kämpfe, [der jüdischen Unabhängigkeitsbewegung], war gewesen, ein Schild am Schreine Bahá'u'lláhs anzubringen – der weit einsamer gelegen war als die Schreine in Haifa – , das besagte, dass dies ein Lieu Sainte oder eine "Heilige Stätte" sei, womit gewährleistet war, dass er von allen Juden mit Achtung behandelt wurde.«
Wie auch bei jenen, die zuvor das Heilige Land regierten, versuchte das Bahá'í-Weltzentrum gute Beziehungen mit der neuen Regierung aufzubauen und sein Status wurde rechtlich anerkannt.
Das Bahá'í-Weltzentrum, mit rund 700 freiwilligen Mitarbeitern aus der ganzen Welt, ist ein Symbol für die Einheit der Menschheit und ein Beispiel dafür, wie Menschen unterschiedlicher nationaler und religiöser Herkunft in Harmonie zusammenkommen und für Frieden und Wohlstand der Welt arbeiten.
Siehe auch unseren Bericht über: Erfurts Partnerstadt - Haifa
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