Wir sehen manchmal, dass Menschen sich wegen einer neuen Religion, einem neuen Glauben beunruhigen, weil sie unsicher und nicht richtig darüber informiert sind. Wir sehen, dass manche Google mit diesen Worten durchsuchen: Ist der Bahá'í-Glaube gefährlich?
Wir möchten hier ansetzen, um eine Antwort zu geben. Wir versuchen, mit den nächsten Zeilen verschiedene Aspekte zu beleuchten.
Die Bahá'í gehören zu den am stärksten verfolgten religiösen Minderheiten im Iran.
Im Iran, dem Gründungsland der Religion, werden seit jeher Menschen für Ihre Glaubensüberzeugung ins Gefängnis geworfen oder sogar hingerichtet. Universitäten weigern sich, Bahá'í-Studenten zuzulassen, Bahá'í-Friedhöfe werden zerstört, und Familien-Eigentum von Bahá'í wird durch den Staat beschlagnahmt. Auch im Jemen werden Bahá'í heute diskriminiert.
Gleichzeitig hat sich der Bahá'í-Glaube aber über den ganzen Erdball verbreitet. Es gibt weltweit mehr als 100.000 lokale Bahá'í-Gemeinden in den verschiedensten Orten der Welt.
Ein Hauptthema der Lehren Bahá'u'lláhs ist die Erreichung des Weltfriedens durch die Herstellung von Einheit, Gerechtigkeit und Gleichberechtigung. Daher treten die Lehren von Bahá'u'lláh insbesondere für die Einheit der Menschheit, die Gleichheit der Geschlechter, für die allgemeine Bildung – besonders von Mädchen - und die Harmonie von Wissenschaft und Religion ein.
„Tatsächlich wurde die erste Schule für Mädchen im Iran 1910 von den Bahá’í gegründet.“ Auch befürworten die Bahá'í beispielsweise die Ehe zwischen Menschen verschiedener Hautfarbe oder religiöser Herkunft.
In verschiedenen Botschaften des Universalen Hauses der Gerechtigkeit lesen wir hierzu:
»Ein Netzwerk von Schulen florierte, die ethisch-moralische Erziehung und akademische Bildung anboten, und dies auch für Mädchen. Analphabetismus wurde in der Bahá’í-Gemeinde praktisch beseitigt.
»Die zuständigen Entscheidungsgremien täten gut daran, der Bildung von Frauen und Mädchen höchste Priorität einzuräumen, denn durch gebildete Mütter kann der Nutzen des Wissens am wirksamsten und schnellsten die Gesellschaft durchdringen.
»Zuerst und vor allem muss Gewalt gegen Frauen und Mädchen – eine der schreiendsten und weitestverbreiteten Formen der Menschenrechtsverletzung – ausgerottet werden. Gewalt gehört für viele Frauen der Welt, gleich welcher Rasse, Gesellschaftsschicht oder Bildung, zum Leben. In vielen Gesellschaften macht die traditionelle Meinung, dass Frauen minderwertig oder eine Last seien, sie zur bequemen Zielscheibe für Wut und Ärger.
Ein Kritikpunkt bezieht sich auf die Tatsache, dass der Bahá'í-Glaube eine neuere, modernere und gemäßigtere Religion ist, die einen Großteil der übertriebenen Dogmen, des Aberglaubens und des Buchstabenglaubens der extremeren Überzeugungen ihrer Vorgänger- und Schwesterreligionen ablehnt. Der Bahá'í-Glaube versöhnt sich mit Wissenschaft und Vernunft. Er rät von blindem Glauben und Aberglauben ab.
Manche sagen, die Bahá'í würden entgegen der Lehren früherer Propheten und Lehrer Regeln außer Kraft setzen und "ewige" Lehren oder Traditionen brechen und verletzen, stattdessen eine Wunsch-Esperanto-Religion konstruieren, welche dem Willen Gottes entgegen stehe.
Vielleicht hilft hier ein anderer Blickwinkel - von der Einheit her, welche dem Menschengeschlecht die Fähigkeit verleihen soll, seine organische Einheit zu verwirklichen, zur Reife zu gelangen und damit eine weitere Stufe seiner Jahrtausende langen Evolution zu erreichen.
»Bedenket, wie die Religionen Gottes der Menschheit dienten!, schrieb ‘Abdu’l-Bahá in der Schrift 'Sendschreiben zum Göttlichen Plan'. Wie die Religion der Thora dem Volk Israels zu Ruhm, Ehre und Fortschritt verhalf! Wie der Odem des Heiligen Geistes Seiner Heiligkeit Christi Liebe und Einheit zwischen verschiedenartigen Gemeinschaften und streitenden Familien schuf! Wie die geweihte Macht Seiner Heiligkeit Muḥammad das Mittel wurde, die kampflustigen Stämme und die verschiedenen Sippen der arabischen Halbinsel zu einen und zu verbrüdern – in solchem Ausmaß, dass tausend Stämme zu einem Stamm zusammengeschweißt wurden, dass Hader und Zwist beseitigt waren, dass alle in Einklang und Eintracht danach strebten, das Ideal von Kultur und Zivilisation voranzubringen und sich solchermaßen aus der tiefsten Stufe der Erniedrigung befreiten und sich aufschwangen zu den Höhen unvergänglichen Ruhmes!«
In einer Botschaft des Universalen Hauses der Gerechtigkeit von 2017 lesen wir hierzu:
»Die Bahá’í-Lehren verkünden unmissverständlich die wesenhafte Einheit Gottes und die Einheit aller Religionen. „Ohne Zweifel“, bekräftigt Bahá’u’lláh, „verdanken die Völker der Welt, welcher Rasse oder Religion sie auch angehören, ihre Erleuchtung derselben himmlischen Quelle und sind einem einzigen Gott untertan.“ Er erklärt, dass die Stifter der Weltreligionen, die großen universellen Erzieher der Menschheit, das gemeinsame Ziel haben, die Menschheit zu vereinen und den kulturellen Fortschritt sicherzustellen, dass „sie alle im selben Heiligtum wohnen, sich zum selben Himmel aufschwingen, auf demselben Throne sitzen, dieselbe Sprache sprechen und denselben Glauben verkünden.“«
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Bahá'í starke moralische Gesetze und eine starke Verwaltungsstruktur haben. Die Verwaltung des Bahá'í-Glaubens ist das Ergebnis von Wahlen auf lokaler, regionaler, nationaler (jährlich) und internationaler Ebene (alle 5 Jahre).
Aber was ist schlecht daran: Die Macht wird dem Einzelnen übergeben, jeder hat die Möglichkeit den/die aus seiner/ihrer Sicht am Bestgeeignetsten zu wählen, in geheimer Wahl, eine Wahl, ohne Propaganda und Kandidaten. Und nur die gewählte Institutionen verwirklicht die Macht, Einzelne haben keine rechtliche Autorität.
In einem früheren Post gehen wir weiter auf die Frage der Bahá'í-Wahlen ein: Was sind die Bahá'í Wahlen, welche zu Ridván stattfinden?.
Bahá’u’lláh, der Prophet und Stifter des Bahá'í-Glaubens, hatte sich entschieden gegen alle veralteten, dogmatischen und entwürdigenden Formen der Religion ausgesprochen. In der Tat machte Bahá’u’lláh die korrupten Religionsführer für das Chaos und die Verwirrung in der Welt und für das Leiden der Propheten Gottes verantwortlich:
»Zu allen Zeiten hat die Geistlichkeit ihr Volk daran gehindert, die Küsten des Meeres ewigen Heils zu erreichen, denn sie hält die Zügel der Autorität über die Menschen in ihrem mächtigen Griff. Einige wurden aus Verlangen nach Führerschaft, andere aus Mangel an Erkenntnis und Verständnis zur Ursache der Unmündigkeit des Volkes. Mit ihrer Zustimmung und unter ihrer Amtsgewalt mussten alle Propheten Gottes vom Kelche des Opfers trinken und ihren Flug zu den Höhen der Herrlichkeit nehmen. Wie schlimm sind die Grausamkeiten, mit denen jene, die auf den Stühlen der Autorität und Gelehrsamkeit saßen, die wahren Könige der Welt, die Edelsteine göttlicher Tugend, heimgesucht haben! Mit vergänglicher Herrschaft zufrieden, haben sie sich der ewigen Herrschaft beraubt.«
(Bahá’u’lláh, 'Kitáb-i-Íqán')
Wir glauben an die reinen, altruistischen Anfänge aller großen Religionen. Wir glauben, dass die ursprünglichen Lehren der Propheten und Gründer der großen Weltreligionen das wichtigste Instrument für die Schaffung von Moral, Ordnung und Harmonie in der Welt waren und sind. Aber die Bahá'í verstehen auch, dass die Geistlichen, welche die Macht und den Besitz über den Verstand der Menschen ergriffen haben, die Reinheit dieser ursprünglichen Lehren allmählich veränderten und verfälschten, indem sie diese durch Dogmen und Aberglauben ersetzten und ihre Stellung dazu nutzten, ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Die Religion verfiel allmählich und wurde korrupt, kriegerisch und geistig „tot“ - das heißt: ohne ihre ursprünglichen Ideale, Inspirationen und Absichten.
In jedem Zyklus religiöser Offenbarungen hat dieses Muster des allmählichen Niedergangs und der Erneuerung durch Offenbarung stattgefunden. Wie in allen Dingen löst das Neue das Alte ab. Wahre Religion, wenn sie in der Welt erscheint, bringt der Menschheit Liebe und Einigkeit.
»… Die christliche Lehre war durchdrungen vom Lichte der göttlichen Sonne der Wahrheit, weshalb ihre Anhänger gelehrt wurden, alle Menschen als Brüder zu lieben, nichts, auch nicht den Tod, zu fürchten, den Nächsten wie sich selbst zu lieben und die eigenen selbstischen Belange im Bemühen um das höchste Wohlergehen der Menschheit zu vergessen. Es war das große Ziel der Religion Christi, die Herzen aller Menschen der strahlenden Wahrheit Gottes näher zu bringen.«
»Hätten die Anhänger des Herrn Christus diese Grundsätze auch weiterhin mit unerschütterlicher Treue befolgt, so wäre keine Erneuerung der christlichen Botschaft, keine Wiedererweckung Seines Volkes erforderlich gewesen, weil dann eine große und herrliche Zivilisation die Welt beherrschen würde und das Himmelreich auf Erden wäre.«
»Was aber ist stattdessen geschehen? Die Menschen haben sich von den göttlich erleuchteten Geboten ihres Meisters abgewandt, und über die Menschenherzen ist der Winter hereingebrochen. Denn wie das Leben des menschlichen Körpers von den Sonnenstrahlen abhängt, so können auch die himmlischen Tugenden in der Seele nicht ohne den Glanz der Sonne der Wahrheit wachsen.«
»Gott lässt Seine Kinder nicht ohne Tröstung. Wenn aber die Dunkelheit des Winters über sie kommt, sendet Er wieder Seine Boten, die Propheten, mit einer Erneuerung des gesegneten Frühlings. Die Sonne der Wahrheit erscheint aufs Neue am Horizont der Welt, scheint in die Augen derer, die schlafen, und erweckt sie, dass sie den Glanz eines neuen Tagesanbruchs schauen. Dann wird der Baum der Menschheit wieder blühen und zum Heil der Völker die Frucht der Rechtschaffenheit hervorbringen. …«
(‘Abdu’l-Bahá, 'Ansprachen in Paris')
Diese Frage gab es vor Jahrzehnten öfters, heute ist der Bahá'í-Glaube weltweit so bekannt und öffentlich so fundamental anerkannt, dass es diese Frage immer weniger gibt.
In Büchern, die von bestimmten konservativen christlichen Führern geschrieben wurden, ist Sekte ein abwertendes Etikett und eine Warnung, die häufig auf den Bahá'í-Glauben angewendet wurde. Die Bezeichnung "Sekte" kann sinnvoll sein, wird aber in der Regel so frei verwendet, dass sie nur bedeutet: "Ich bin mit deiner Religion nicht einverstanden."
Wenn die Warnung vor einer "Sekte" in Bezug auf den Bahá'í-Glauben bedeutet, dass das ewige Seelenheil in Gefahr ist, müssen wir uns darauf einigen, dass wir unterschiedlicher Meinung sind. Die Bahá'í glauben, dass Bahá'u'lláh die Wiederkunft Christi "in der Herrlichkeit des Vaters" ist, und deshalb bedeutet, Bahá'u'lláh nicht zu folgen, nachdem ich Ihn kenne, eigentlich auch, Jesus als Herrn und Erlöser abzulehnen. Es bedeutet also: Jesus zu folgen gleicht Bahá'u'lláh zu folgen, und Bahá'u'lláh zu folgen bedeutet Jesus zu folgen.
Allgemein handelt es sich bei Religionen um Weltanschauungen und Systeme von Sinngebung, die mit dem Glauben an etwas "Übernatürliches" wie eine höhere Macht verbunden sind, einer wirkenden Kraft, die das Schicksal "von oben" lenkt. Der Glaube an und Ehrfurcht vor einer oder mehreren übernatürlichen Mächten, die als Schöpfer und Lenker des Universums angesehen werden. Die Beziehung der Menschen zu dem, was sie als heilig, sakral, spirituell oder göttlich betrachten. Religion ist eine organisierte Sammlung von Glaubenssystemen, kulturellen Systemen und Weltanschauungen, welche die Menschheit mit Spiritualität und fast immer auch mit moralischen Werten in Verbindung bringen.
Die beste Definition für "RELIGION" stammt wohl von ‘Abdu’l-Bahá und lautet wie folgt:
»Religion ist also die notwendige Verbindung, die aus der Wirklichkeit der Gegebenheiten erwächst; und weil die allumfassenden Offenbarer Gottes von den Geheimnissen des Daseins Kenntnis haben, darum verstehen sie diese unerlässliche Verbindung und stellen aufgrund dieses Wissens das Gesetz Gottes auf.«
(‘Abdu’l-Bahá, 'Beantwortete Fragen')
Es gibt im Bahá'í-Glauben keinen Teufel bzw. Satan oder Dämonen usw.
»Gott hat nie einen bösen Geist geschaffen. Alle diese Ideen und Bezeichnungen sind Symbole für die rein menschliche, irdische Natur des Menschen. Es ist eine Grundgegebenheit des Erdbodens, dass Dornen, Unkraut und unfruchtbare Bäume darauf wachsen können. Übertragen ausgedrückt ist dies böse, es ist die niedere Stufe, das einfachere Erzeugnis der Natur. Es ist darum offensichtlich, dass der Mensch göttliche Erziehung und Inspiration braucht, und dass für seine Entwicklung der Geist und die Gaben Gottes wesentlich sind.«
(‘Abdu’l-Bahá, 'Die Verheißung des Universalen Friedens')
Also darf man sagen: Die Bahá'í glauben nicht an böse Geister, den Satan oder an Dämonen.
Manche sagen: Das Gefährlichsteste in der Bahá'í-Lehre ist die Theokratie. Sie nennen sie manchmal auch "spirituelle Demokratie".
Einen Hinweis auf "Bahá'í-Theokratie" findet sich in einem am 30. September 1949 im Auftrag Shoghi Effendis an einen Gläubigen verfassten Brief. Dort heißt es:
»Was der Hüter ansprach, sind theokratische Systeme wie die katholische Kirche und das Kalifat, die nicht gottgegebene, sondern von Menschenhand gemachte Systeme sind, die sich jedoch teilweise auf die Lehren von Jesus Christus und Mohammed stützen und daher in gewisser Weise Theokratien sind. Die Bahá'í-Theokratie dagegen ist gottgeschaffen und basiert selbstverständlich auf den Lehren des Offenbarers.«
Shoghi Effendi, der Hüter des Bahá'í-Glaubens unterstrich diese Unterschiede sehr anschaulich in einem Brief vom 8. Februar 1934, bekannt als "Die Weltordnung Bahá'u'lláhs":
»Das Bahá’í-Gemeinwesen der Zukunft, für das diese umfassende Gemeindeordnung das alleinige Rahmenwerk bildet, steht sowohl der Theorie als auch der Praxis nach nicht nur einzig in der gesamten Geschichte der politischen Institutionen, sondern auch ohne Gegenstück in den Annalen aller anerkannten Religionssysteme der Welt da. Keine Form demokratischer Regierung, kein System autokratischer oder diktatorischer Art, sei es monarchisch oder republikanisch, kein Mischkonzept einer rein aristokratischen Ordnung und selbst keine der anerkannten Formen der Theokratie, sei es nun das hebräische Gemeinwesen, seien es die verschiedenen christlichen Kirchenorganisationen, das Imámat oder Khalífat im Islám – keines von ihnen kann mit der von der Meisterhand ihres vollendeten Architekten gebildeten Gemeindeordnung gleichgesetzt oder als mit ihr übereinstimmend bezeichnet werden.«
Wir werden in einem späteren Post auf diese Frage weiter eingehen.
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