Die geistige Dimension des Klimawandels

Die geistige Dimension des Klimawandels: Eine Bahá’í-Betrachtung

Wir haben den Artikel “Die geistige Dimension des Klimawandels: Eine Bahá’í-Betrachtung" statt "Die Bahá'í Betrachtung" betitelt. Das liegt daran, dass wir als individuelle Bahá'í, welche über ihr Verständnis des Themas sprechen, vielleicht nicht die "offizielle" Bahá'í-Position vertreten. Im Bahá'í-Glauben haben wir keinen Klerus, jeder hat die Aufgabe an der Besserung der Welt teilzunehmen, jeder nach seiner Art.

Wir können feststellen, dass der Ansatz der Bahá'í zur Bewältigung des Klimawandels derselbe ist wie der der Bahá'í zur Bewältigung anderer dringender Probleme - wie Gerechtigkeit, die Gleichstellung von Mann und Frau, die Abschaffung der Extreme von Reichtum und Armut, Rassenungerechtigkeit, nachhaltige Entwicklung, die Einheit der Religionen und so weiter.

Nun, aus der Sicht der Bahá'í, um all diese Fragen, einschließlich des Klimawandels, anzugehen, brauchen wir, die Menschheit, wir alle, einen Sinneswandel, eine Neufassung aller unserer Vorstellungen und eine neue Ausrichtung unserer Aktivitäten. Das zentrale Prinzip des Bahá'í-Glaubens ist die Einheit der Menschheit. Dieses Prinzip sollte uns leiten, in all unseren Bemühungen nach Lösungen zu suchen, die fair und gerecht sind und alle Menschen wie Mitglieder einer Menschenfamilie behandeln.

Dies erfordert eine Veränderung der gegenwärtigen Ordnung, politisch wie sozial, welche wir in der Welt noch nicht erlebt haben. Wenn jede/r von uns anfängt, die ganze Menschheit als eine einzige Menschheitsfamilie zu sehen, wird dies tiefgreifende Auswirkungen auf unseren Umgang mit dem Klimaproblem haben und auch auf fast jedes andere Thema.

In einem Brief vom 18. Oktober 1981 an einen Gläubigen erklärte das Universale Haus der Gerechtigkeit:

»Bahá’u’lláh hat die Nationen der Welt ermahnt, aus ganzem Herzen zusammenzuarbeiten, um dem Wohl der ganzen Menschheit zu dienen, und sich zu vereinigen auf der Suche nach Mitteln und Wegen, den vielfältigen Umweltproblemen auf unserem Planeten zu begegnen. Solange die Nationen der Welt diese Ermahnungen weder verstehen noch befolgen, werden nach Ansicht des Hauses der Gerechtigkeit bei der Lösung der Umweltprobleme kaum Fortschritte zu verzeichnen sein …«

Um das mit anderen Worten zu wiederholen: `Abdu'l-Bahás Ruf in 'Ansprachen in Paris' lautet:

»Wir arbeiten und beten für die Einheit der Menschheit, damit alle Rassen der Erde zu einer Rasse und alle Länder zu einem Lande werden, damit alle Herzen wie ein einziges schlagen und für vollkommene Einheit und Brüderlichkeit zusammenwirken.«

Der Zweck der Tätigkeit der Bahá'í im Bereich der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung besteht weder darin, die Botschaft unseres Glaubens zu verkünden, noch als Mittel zur Bekehrung zu dienen. Vielmehr geht es darum, das Wohlergehen von Menschen aller Lebensbereiche zu fördern, unabhängig von ihrem Glauben oder Hintergrund.

Was sind nun die Aspekte der Bahá'í-Botschaft, die sich auf Klimawandel und Nachhaltigkeit beziehen? Dazu gehören Einheit, Gerechtigkeit, die Gleichstellung von Mann und Frau, die Übereinstimmung von Wissenschaft und Religion, Wahrhaftigkeit, Gleichberechtigung, Vertrauenswürdigkeit, Großzügigkeit und Zusammenarbeit, die notwendige Beseitigung der Extreme von Reichtum und Armut - um nur einige zu nennen.

Lassen Sie uns einen Moment Zeit nehmen, um einige dieser Themen im Detail zu betrachten.

Die Einheit der Religionen - gemeinsame Werte

Bahá'ís glauben, dass alle großen Weltreligionen denselben Gott verehren und dass Gottes Wort nach und nach offenbart wurde, je nach dem Fortschritt von Menschen und Zivilisation.

Wenn wir uns umsehen, sehen wir, dass alle Glaubensgemeinschaften glauben, dass wir einander lieben und für die Schöpfung Gottes sorgen sollten. Die goldene Regel, die allen Religionen gemeinsam ist, beschreibt so ziemlich das Problem und die Lösung: "Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst."

Unsere CO2-Emissionen, vor allem durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe und die Entwaldung, richten heute weltweit verheerende Schäden an. Allerdings haben die Menschen, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, am wenigsten zu dem Problem beigetragen - die Armen, unsere Kinder und die zukünftigen Generationen der Welt. Der Klimawandel ist ebenso eine Frage von sozialer Gerechtigkeit, Fairness für zukünftige Generationen und nicht nur ein globales Umweltproblem. Unsere Glaubenstraditionen schätzen alle die Werte von Fair Play und Gerechtigkeit.

In der Friedensbotschaft vom Oktober 1985 schrieb das Universale Haus der Gerechtigkeit über die positive Wirkung geistiger Prinzipien bzw. menschlicher Werte, dass sie nicht nur eine Sichtweise eröffnen,

»…die mit dem Wesen des Menschen in Einklang steht, sondern vermitteln auch eine Haltung, eine treibende Kraft, ein Wollen, ein Sehnen, die es erleichtern, praktische Maßnahmen zu finden und in die Wege zu leiten.«

Es ist bemerkenswert, dass religiöse Führer und religiöse Organisationen zunehmend in Umwelt- und Gerechtigkeitsfragen im Zusammenhang mit dem Klimawandel aktiv waren, dass es heute Erklärungen vieler großer Religionen gibt, die zum Klimaschutz auffordern, darunter die Enzyklika 2015 von Papst Franziskus ("Laudato Si'"), die sich auf die Bekämpfung von Armut und Klimawandel konzentriert, die "Islamische Erklärung zum globalen Klimawandel" von 2015 und die Bahá'í-Erklärung Shared Vision, Shared Volition: "Gemeinsam unsere globale Zukunft wählen" auch von 2015.

Die Einheit der Menschheit

Nach der Erklärung des Universalen Hauses der Gerechtigkeit in der Schrift: 'Das Wohlergehen der Menschheit':

»…eine gemeinsame Vision, ein gemeinsamer Wille, eine von Herzen empfundene Verantwortung für das gemeinsame Schicksal zu übernehmen, muss das Bewusstsein von der Einheit der Menschheit sein

»Die Folgerungen für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung sind tiefgreifend. Das Hochhalten der Gerechtigkeit schützt die Bemühungen um eine Definition des Fortschritts vor der Versuchung, das Wohlergehen der gesamten Menschheit - und dazu des Planeten selbst - den Vorteilen zu opfern, die technologische Durchbrüche privilegierten Minderheiten ermöglichen. Bei der Entwicklung und Planung stellt Gerechtigkeit sicher, dass begrenzte Ressourcen nicht für Projekte abgezweigt werden, die den wesentlichen sozialen und wirtschaftlichen Prioritäten der Gemeinschaft fremd sind. Vor allem werden nur solche Entwicklungsprogramme hoffen können, das Engagement der großen Mehrheit der Menschheit zu mobilisieren - von der ja schließlich die Durchführung abhängt -, die ihren Bedürfnissen entsprechen und deren Zielsetzung gerecht ist. Die maßgeblichen menschlichen Eigenschaften wie Ehrlichkeit, Arbeitswilligkeit und Kooperationsgeist werden erfolgreich für die Durchführung ungeheuer anspruchsvoller gemeinsamer Ziele gebündelt werden können, wenn jedes Mitglied der Gesellschaft - ja jede einzelne ihrer Teilgruppen - darauf vertrauen kann, dass sie durch Normen geschützt und an Vorteilen teilhaben werden, die in gleicher Weise für alle gelten.«

Die Beseitigung von Extremen wie Reichtum und Armut

Besondere Gesetze müssen erlassen werden, die sich mit diesen Gegensätzen des Reichtums und des Mangels befassen. Die Regierungsmitglieder sollten Gottes Gebote beachten, wenn sie Pläne entwerfen, um das Volk zu regieren. Die allgemeinen Menschenrechte müssen behütet und erhalten bleiben. In `Abdu’l-Bahás 'Ansprachen in Paris' lesen wir:

»Die Länderregierungen sollten mit dem göttlichen Gesetz übereinstimmen, das allen gleiches Recht gibt. Das ist der einzige Weg, auf dem der beklagenswerte Überfluss großen Reichtums und die elende, zersetzende und entwürdigende Armut zu beseitigen sind. Nicht eher, als bis dies geschehen ist, wird Gottes Gebot befolgt sein.«

Bahá'í Gemeinschaftsaktion zum Klimawandel

Das Universale Haus der Gerechtigkeit hat in der Botschaft vom 2. März 2013 erklärt, dass die sich verschärfende Umweltkrise,

»…angetrieben von einem System, das die rücksichtslose Ausbeutung natürlicher Ressourcen billigt, nur um einen unstillbaren Durst nach mehr zu befriedigen, zeigt, wie gänzlich unzureichend das gegenwärtige Verständnis vom Verhältnis der Menschheit zur Natur ist…«

Beachten Sie, dass dies viel mehr als nur den Klimawandel umfasst. Und es kehrt zurück zur Einheit der Menschheit und der goldenen Regel.

Aus der Sicht der Bahá'í ist es notwendig, sich über das Thema zu informieren und die Aktivitäten an der Basis fortzusetzen. In Kirchen, Moscheen, Synagogen, Tempeln und Bahá'í-Zentren auf der ganzen Welt müssen wir den Klimawandel aus einer spirituellen Perspektive diskutieren, Maßnahmen zur Reduzierung unserer eigenen Emissionen ergreifen und Botschaften an unsere politischen und sozialen Führer senden, sie auffordern, ihren Teil dazu beizutragen, uns auf dem Weg zu einer kohlenstoffarmen Energiezukunft zu führen.

Die Grundlage aller Veränderung

Grundlage aller Veränderungen ist das Prinzip der Einheit der Menschheit, welches nach Shoghi Effendis Bestätigung in den Botschaften des Universalen Hauses der Gerechtigkeit vom 19. April 2001 angesprochen wird:

»…die Erreichung der Stufe, auf der die Einheit der gesamten Körperschaft der Nationen zum Leitgrundsatz des internationalen Lebens gemacht sein wird.«

Letztendlich sind es die Menschen, unabhängig von ihrer Rolle oder ihrem Platz in der Gesellschaft, welche die Politik einer zentralen Verwaltung umsetzen oder ignorieren. Die Etablierung nachhaltiger Muster des individuellen und kollektiven Lebens erfordert daher mehr als neue Technologien. Es nützt nichts, alle Hochtechnologien der Welt zu haben, wenn wir nicht bereit sind, sie positiv zu nutzen. Und ein großer Teil der Lösung hat vielleicht überhaupt nichts mit Technologie zu tun, sondern nur mit geringerem Verbrauch und Sparsamkeit.

Der Schlüssel liegt vielleicht darin, ein neues Bewusstsein in uns allen zu kultivieren, eine Erkenntnis, welche die Einheit der menschlichen Familie erkennt. Dieses neue Bewusstsein wird durchdrungen sein von:

  • einem neuen Selbstverständnis von uns und unserem Platz in der Welt;
  • der Anerkennung, dass wir Verwalter der Schöpfung Gottes sind;
  • Qualitäten wie die Fähigkeit, für das Wohlergehen des Ganzen zu opfern;
  • der Fähigkeit, zu vertrauen und vertrauenswürdig zu sein;
  • der Fähigkeit, auf immaterielle Weise Zufriedenheit zu finden;
  • der Fähigkeit, anderen frei und großzügig zu geben.

Diese Merkmale stammen nicht aus Pragmatismus oder politischer Zweckmäßigkeit. Vielmehr entstehen sie aus den tiefsten Quellen menschlicher Inspiration und Motivation. Glaube und Spiritualität waren im Laufe der Geschichte der Schlüssel, um der Menschheit solche tugendhaften Eigenschaften zu vermitteln. Das sind die geistigen Tugenden, die wir einzeln und gemeinsam haben müssen, um dem Klimawandel und den anderen drängenden Herausforderungen unserer Zeit erfolgreich zu begegnen.

Einblick in die Zukunft

`Abdu’l-Bahá, zeichnet uns im Buch 'Briefe und Botschaften' auf, dass wenn wir nur wollen, dass wir, unsere Nachfahren in dem von Gott vorhergesagten Garten Eden leben können:

»Der Herr der ganzen Menschheit hat das Menschenreich zum Garten Eden, zum irdischen Paradies gestaltet. Findet das Menschenreich den Weg, den es finden muss, zu Eintracht und Frieden, zu Liebe und allseitigem Vertrauen, so wird es ein wahres Gefilde der Seligkeit, eine Stätte vielfältigen Segens und unendlicher Wonne. Dann wird die Menschheit ihre Vortrefflichkeit offenbaren, dann wird die Sonne der Wahrheit ihre Strahlen auf alle Lande werfen.«

Weiter Artikel zum Klimawandel finden Sie hier.

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