Das 12-tägige Fest von Ridván bedeutet den Jahrestag der Erklärung der Sendung Bahá’u’lláhs an seine Anhänger, und im Heiligsten Buch setzte Bahá'u'lláh Ridván als eines der beiden "größten Feste" ein; das andere ist die Erklärung des Báb. Das gesamte Fest ist heilig, aber Bahá'ís setzen ihre berufliche Arbeit an drei bestimmten Tagen des Ridván-Festes aus - am 1., 9. und 12. Ridván-Tag.
Es ist schwer, einen so bedeutsamen und erhabenen Anlass, wie den der Erklärung Bahá’u’lláhs zum Verheißenen aller Zeitalter im Garten von Ridván, zusammenzufassen oder zu kommentieren. Es ist wie der Versuch, sich die Unendlichkeit des Universums vorzustellen oder alle Wellen im Ozean zu zählen. Und es ist ebenso schwierig zu beschreiben, was sich am 12. Ridván-Tag ereignete, als Bahá’u’lláh den Garten von Ridván verließ und das lange und beschwerliche Exil nach Konstantinopel begann. Glücklicherweise können wir uns an Bahá'u'lláhs Beschreibungen dessen orientieren, was sich in den Tagen des Gedenkens ereignete.
Das Buch 'Tage des Gedenkens' ist eine Sammlung von Bahá’u’lláhs Schriften, von denen nachfolgende Zitate zum ersten Mal vorläufig übersetzt sind. Sie enthält Botschaften, die zu Ehren von neun heiligen Bahá’í-Tagen enthüllt wurden, und ein bedeutender Teil der Gedenktage ist den Tablets über Ridván und dessen Bedeutung gewidmet.
Die Tablets über Ridván sind vielfältig: von der Poesie der "Tafel der wundersamen Jungfrau" über Schriften, die die Belohnung für die Feier von Ridván beschreiben, bis hin zu jenen, die in wundersamen und mystischen Begriffen das Geschehene aufzeichnen. So enthüllte Bahá’u’lláh zum Beispiel diese Worte über seine Abreise aus dem Ridván-Garten:
»Und als die festgesetzte Zeit des Verweilens erfüllt und der Befehl zum Aufbruch empfangen worden war, erhob sich die Schönheit des Allerbarmers und verließ den Garten Ridván, reitend auf dem schönsten aller Hengste. Gesegnet sei der Allherrliche, der in der Welt der Schöpfung mit einer Hoheitsgewalt erschien, die über die Himmel und die Erde hinausgeht!«
»Als Er aufbrach, stieg ein Schmerzensschrei aus dem Garten auf, von seinen Bäumen und Blättern und Früchten und Mauern und der Luft und der Erde und dem Pavillon, während die Bewohner der Wüsten und der Wildnis und selbst die Dünen und der Staub der Erde ob Seiner Annäherung frohlockten.«
In der Schrift 'Bahá’u’lláh: eine Einführung' der Internationalen Bahá'í-Gemeinde, Büro für Öffentlichkeitsarbeit in New York, finden wir diese Aussage:
»Schon damals war die ganze Hingabe der kleinen Exilgemeinde auf Bahá'u'lláh gerichtet. Viele waren bereits überzeugt, dass Er nicht nur als Protagonist des Báb auftrat, sondern für die viel größere Sache, die - wie vom Báb angekündigt - unmittelbar bevorstand. Diese Überzeugungen wurden Ende April 1863 zur Gewissheit, als Bahá'u'lláh am Vorabend Seiner Abreise nach Konstantinopel einzelne Gefährten in einem Garten, der später den Namen Ridván ("Paradies") erhielt, zusammenrief und ihnen Seine Mission eröffnete. Auch wenn in den folgenden vier Jahren eine öffentliche Verkündigung nicht ratsam schien, überbrachten die Eingeweihten doch nach und nach ihren vertrauten Freunden die Botschaft, dass die Verheißung des Báb erfüllt und der "Tag Gottes" angebrochen war.«
Auch beschreibt Bahá’u’lláh seinen Weggang mit diesen Worten:
»Bei der Ankunft und beim Aufbruch der Urewigen Schönheit wurden die Zeichen und Merkmale Gottes klar und offenkundig gemacht, und das Licht der Offenbarung wurde veranlasst, in der Fülle seines Ruhmes hervor zu strahlen. Wahrlich, Seine Majestät wurde verherrlicht, Seine Macht vervielfacht und Seine Oberherrschaft offenbart.«
Der Mensch kann über diesen letzten Satz nachdenken und meditieren, wie in seinem Abschied vom Ridván-Garten "Seine Majestät verherrlicht, Seine Macht vervielfacht und Seine Oberherrschaft offenbart" wurde. Diese Qualitäten spiegeln sich in Shoghi Effendis Beschreibung im Buch 'Gott geht vorüber' über den 12. Tag von Ridván wider:
»Den Aufbruch Bahá'u'lláhs aus dem Garten Ridván am Nachmittag des 3. Mai 1863 begleiteten Szenen einer wilden Begeisterung, nicht weniger eindrucksvoll, ja ergreifender noch als die, mit denen Er begrüßt wurde, als Er Sein Größtes Haus in Baghdád verließ.«
In Shoghi Effendis Buch 'Gott geht vorüber' lesen wir weiter:
»Auf Seinem Pferd, einem Rotschimmelhengst edelsten Geblüts, dem besten, den Seine Freunde für Ihn hatten erstehen können, ritt Er, vorbei an den gebeugten Rücken unzähliger glühender Bewunderer, aus zur ersten Etappe einer Reise, die Ihn nach Konstantinopel führen sollte. Nabíl, ein Augenzeuge dieser denkwürdigen Szene, berichtet: "Viele Häupter neigten sich zu beiden Seiten in den Staub zu Füßen Seines Pferdes, dem sie die Hufe küssten, und unzählige drängten herzu, um Seine Steigbügel zu umarmen." Ein Mitreisender bezeugt: "Groß war die Zahl der Getreuen, die sich verzweifelt vor die Füße Seines Pferdes warfen, weil sie lieber sterben als sich von ihrem Geliebten trennen wollten, und ich hatte den Eindruck, als ob das gesegnete Tier tatsächlich auf die Leiber dieser reinen Seelen getreten habe". "Er [Gott] ist es", erklärt Bahá'u'lláh selbst, "der Mich befähigte, aus der Stadt (Baghdád) mit solcher Majestät zu scheiden, dass niemand außer den Leugnern und Übeltätern umhin kann, sie anzuerkennen." Von solchen Zeichen der Huldigung und Verehrung blieb Er umgeben bis Er in Konstantinopel ankam.«
In der Ridván-Zeit fallen uns am meisten auf - wenn wir an die Vereinigung von Freude und Schmerz denken: die Freude, der Jubel und die Begeisterung, als Bahá’u’lláh Seine Verkündung enthüllte, und die Trauer und das intensive Leid der Menschen in Bagdad bei seiner Abreise. Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen Offenbarer Gottes in Ihrer Stadt und würden dann erfahren, dass Er nach weit außerhalb Ihrer Reichweite verbannt wird! Bahá’u’lláh beschreibt die Trauer über diese Trennung als "Trauer, dass niemand im Himmel oder auf der Erde ihr Gewicht tragen konnte".
Vor dem Hintergrund der blutigen Geschehnisse in Persien verkündete Bahá'u'lláh im Buch 'Botschaften aus Akká' Seinen Anhängern: "Es ist besser für euch, getötet zu werden, als selbst zu töten"; ja, Er drängte sie sogar, den Behörden Musterbeispiele des Gehorsams zu liefern:
»Die Angehörigen dieses Volkes müssen sich, wo immer sie wohnen, der Regierung des Landes als treu, ehrbar und wahrhaftig erweisen.«
Im Buch von Adib Taherzadeh, 'Die Offenbarung Bahá’u’lláhs' lesen wir über die Verbannung nach Konstantinopel Folgendes:
»Die Verhältnisse bei Bahá'u'lláhs Abreise aus Bagdad demonstrierten anschaulich die Macht dieser Grundsätze. In wenigen Jahren war eine Schar verbannter Ausländer, die bei ihrer Ankunft auf den Argwohn und die Ablehnung ihrer Nachbarn gestoßen waren, zu einer höchst angesehenen, einflussreichen Bevölkerungsgruppe geworden. Sie waren wirtschaftlich unabhängig durch ihre erfolgreiche Geschäftstätigkeit. Wegen ihrer Großzügigkeit und Integrität wurden sie bewundert. Die von persischen Konsulatsbeamten und schiitischen Klerikern emsig ausgestreuten Vorwürfe, sie seien fanatisch und gewalttätig, hatten keinen Einfluss mehr auf die öffentliche Meinung. Als Bahá'u'lláh am 3. Mai 1863 in Begleitung Seiner Familie und der Gefährten, die mit Ihm nach Konstantinopel reisen sollten, aus Bagdad wegritt, war Er eine populäre, allgemein verehrte Gestalt. In den Tagen vor diesem Abschied war ein ganzer Strom von Honoratioren, unter ihnen der Provinzgouverneur, viele von weither, in den Garten gekommen, in dem Er vorübergehend Wohnung genommen hatte, um Ihm ihre Reverenz zu erweisen. Augenzeugen der Abreise beschrieben in bewegenden Worten die jubelnden Zurufe, die Tränen in den Augen vieler Zuschauer und die Beflissenheit der osmanischen Beamten und Dienststellen, ihrem Staatsgast Ehre zu erweisen.«
»Am zwölften Tage reiste Bahá'u'lláh nach Konstantinopel ab. Manche Gläubige begleiteten Ihn; manche, … mussten in Baghdád zurückbleiben. Zur Stunde Seiner Abreise waren wir alle in dem Garten beisammen. Die Zurückbleibenden standen auf der einen Seite. Seine gesegnete Person trat auf uns zu und sprach Worte des Trostes zu uns. Er sagte, es sei besser, wenn wir da blieben. Auch sagte Er, Er lasse manche nur mitkommen, um zu verhindern, dass sie Unheil stiften und Schwierigkeiten bereiten.«
Während die historischen Details von Bahá’u’lláhs Abreise aus dem Ridván-Garten nur wenige sind, sind die Beschreibungen dessen, was in diesen 12 Tagen geschah, in Bahá’u’lláhs eigenen Worten unschätzbare Juwelen. Wir enden mit diesem eindringlichen Aufruf Bahá’u’lláhs zur Erläuterung der Bedeutung dieses größten Festes:
»Bei Gott! Dies ist das Fest, in dem die Schönheit der Wesenheit jenseits menschlicher Erkenntnis erschien, entschleiert und geschmückt mit solcher Oberherrschaft, dass sie die Nacken derer beugte, die Seine Wahrheit zurückwiesen. Aller Lobpreis sei darum ihm, dem Feste des Herrn, das mit höchster Herrschaft erschien!«
»Dies ist ein Fest, in dem alle Dinge freigesprochen wurden durch die Erscheinung Dessen, der der Urewige König hinter dem Schleier der Namen ist. Deshalb jubelt in euren Herzen, o Völker der Welt, denn die sanften Winde der Vergebung wehten über die ganze Schöpfung und der Geist des Lebens wurde der Welt eingehaucht. Aller Lobpreis sei darum ihm, dem Feste des Herrn, das über einem Tagesanbruch strahlender Heiligkeit erschien!«
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